Big Data in der Wasseraufbereitung und -einsparung

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Wir brauchen Wasser für die verschiedensten Dinge: zum Trinken, Kochen, Baden, Zähneputzen, Autowaschen, zur Reinigung, Motorkühlung, Reinigung der Windschutzscheibe, zum Bewässern des Garten etc. Allerdings ist Wasser eine sehr begrenzt verfügbare Ressource. Vor allem sauberes Wasser ist rar.

“Nahezu 97% des Wassers auf der Erde ist Salzwasser oder anderweitig nicht trinkbar. Weitere 2% befinden sich unzugänglich in Eiskappen und Gletschern. Nur 1% bleiben für die Bedürfnisse der Menschen in der Landwirtschaft, im Haushalt, in Fabriken, Gemeinden und für den Privatgebrauch übrig.”

Environmental Protection Agency (EPA)

Deshalb wäre Big Data nicht nur hilfreich, um die Wasseraufbereitung und -einsparung zu verbessern. Big Data ist auch ein erster Schritt in Richtung Nachhaltigkeit.

Ohne genügend sauberes Wasser können wir nicht überleben

Anfang September 2020 wurden Haushalten (vielleicht auch Geschäften) des malaysischen Bundestaates Selangor der Wasserhahn abgedreht. Vier Wasseraufbereitungsanlagen wurden nämlich geschlossen, weil Schadstoffe aus einer Fabrik in das Wasser gelangten.

Als die Einwohner von dem Wasserstopp hörten, versuchten sie schnell eimerweise Wasser abzufüllen, um über die nächsten Tage zu kommen.

Doch ein paar Eimer Wasser reichen in so einem heißen, tropischen Land nicht aus, um zu baden, trinken, kochen und säubern. Es war unausweichlich, dass den Bewohnern bald das Wasser ausging.

Die Frustration über die Haushaltung der Wasserressourcen zurückzuhalten war sehr schwer, vor allem für die Bürger, die immer pünktlich ihre Wasserrechnung zahlen.

Aber der Wasserstopp, der dem Vorstand Zeit gab sich der Verschmutzung des Wassers zu widmen, hat vermutlich viele Menschen vor gesundheitlichen Folgen bewahrt.

Die Süßwasserressourcen in Deutschland erreichten letztes Jahr ein sehr niedrigen Stand. Gründe sind ein sehr geringer Niederschlag, ein ungewöhnlich heißer Sommer und ein trockener Winter.

Die Hitzewelle ließ viele Deutsche sehr durstig zurück. Ihre Bedürfnisse konnten durch die mangelnden Wasserressourcen nicht gedeckt werden. Statt Wasserleitungen wurden ihnen ihre Augen geöffnet. Sie sahen, wie knapp die Wasserressourcen tatsächlich sind. Solche Ausnahmesituationen erinnern uns immer wieder daran, dass Wasser ein sehr kostbares Gut ist und wir uns daher mit Wasseraufbereitung und -einsparung beschäftigen müssen.

Zur Erinnerung: Wassereinsparung bedeutet effizient mit den Wasserressourcen umzugehen und Verschwendungen zu reduzieren. Wasseraufbereitung ist ein Verfahren, bei dem ungewollte Stoffe entfernt und nützliche Elemente eingegeben werden, um das Wasser nutzbar zu machen.

Auf unserer Webseite finden Sie eine Artikelserie zu datengesteuerte Nachhaltigkeitsziele. Im ersten Teil dieser Serie haben wir gelernt, dass Big Data nützlich ist, um bessere Entscheidungen für Wassereinsparung und -aufbereitung zu treffen. Nun schauen wir uns die Thematik nochmal genauer an.

Datenquellen für eine nachhaltige Wasserwirtschaft

Laut einer Studie von Sun und Scanlon, kann Big Data zum Thema Wasserwirtschaft aus folgenden Bereichen generiert werden:

  • hochfrequente Datenprodukte aus Earth Observing Systems
  • Sammlung von Multi-Sensor-Daten aus erdbasierten Überwachungsnetzwerken und dem Internet der Dinge
  • große Datensätze aus Feldversuchen mithilfe verschiedener Geräte
  • simulierte Daten aus groß angelegten Erdsystemmodellen
  • Datengewinnung durch Crowdsourcing von sozialen Medien und Umfragen
Datenquellen für die Bestimmung der Wasserqualität
Mithilfe von Big Data können enorme Datenmengen aus verschiedenen Quellen wie Satelliten, Sensoren und den sozialen Medien gesammelt und auf Wasserqualitäten hin untersucht werden.

Internet der Dinge zur Sammlung von sensorbasierten Daten über die Wasserversorgung

Eine Studie von Piratla, Matthews and Koo gibt ein großartiges Beispiel für den Einsatz von Big Data in der Wasserwirtschaft. Sie nutzen die Technologie des Internets der Dinge in Wasserversorgungssystemen.

Falls Sie es nicht wussten: Internet der Dinge meint Objekte, die mit dem Internet verbunden sind und zueinander “reden”, laut WIRED.

“Einfach gesagt, besteht das Internet der Dinge aus Geräten – von einfachen Sensoren über Smartphones bis hin zu tragbaren Endgeräten – die miteinander verbunden sind.”

Matthew Evans, Programmleiter an der techUK, zitiert nach WIRED.

Wenn IoT-Geräte mit automatisierten Systemen verbunden werden, kann die Sammlung, Analyse und Entscheidungsfindung für einen bestimmten Prozess realisiert werden. Im Falle der Wasserwirtschaft kommen folgende IoT-Systeme infrage:

  • Hardware-Systeme: bestehend aus Sensoren, Auslösern und einem eingebetteten Kommunikationsboard
  • Middleware-Systeme: Datenbanken wie eine Cloud in einem Netzwerksystem oder eine eingebettete Datenbank in einem IoT-Gerät
  • Visualisation-Systeme: bestehend aus Benutzeroberfläche, Benutzerinteraktionen, Datenauswertung und Bestimmung von Ereignissen

Downstream- und Upstreamdaten werden durch ein Sensornetz gesammelt, das mit dem IoT verbunden ist.

Die gesammelten Downstreamdaten geben Einblicke in die Wassernutzung und -leistung. Die Upstreamdaten verhalten sich ähnlich wie die traditionellen SCADA- (Überwachung, Steuerung und Datenerfassung) und AMR-Systeme (automatische Zählerablesung).

Sensornetze für die Überwachung der Wasserqualität

Matin und Islam definieren Sensornetze als:

“selbst konfigurierende und infrastrukturlose Funknetzwerke zur Überwachung physischer oder umweltbezogener Zustände, wie Temperatur, Geräusche, Vibration, Druck, Bewegung oder Schadstoffe,

und um gemeinsam die daraus gewonnenen Daten durch das Netzwerk zu schicken und zu einem Hauptstandort weiterzuleiten, wo die Daten beobachtet und analysiert werden können.”

Matin und Islam, 2012.

Laut Pule, Yahya und Chuma kann ein Sensornetz zur Überwachung der Wasserqualität genutzt werden. Und das in Echtzeit. Bei dieser Aufgabe müssen die charakteristischen Parameter identifiziert werden und mit Normen und Richtlinien verglichen werden.

Häufige Wasserqualitätsparameter:

  • pH-Wert: pH gibt den Säure- bzw. Laugegrad einer Lösung an. pH 7 ist neutral, alles unter diesem Wert ist säurehaltig und drüber ist basisch. Der pH-Wert, der bei Wasser angestrebt wird, befindet sich zwischen 6 und 9 – ungefähr neutral.
  • Elektrische Leitfähigkeit: Das Vermögen der Lösung elektrischen Strom weiterzuleiten. Es gibt die Konzentration an Leitionen an, die üblicherweise aus aufgelösten Salzen und anorganischen Materialien gewonnen werden. Je mehr Ionen, desto höhere Leitfähigkeit. Die angestrebte Leitfähigkeit bei Wasser liegt zwischen 0 und 2.500 μS/cm (microSiemens pro Zentimeter)
  • Redoxpotential: Die Kraft der Übertragung von Elektronen zwischen Elementen in einer Lösung wird gemessen. Diese Kraft spiegelt die Fähigkeit des Wassers wider, sich von Schadstoffen zu befreien. Das angestrebte Redoxpotential bei Wasser sollte sehr hoch sein.
  • Trübung: Konzentration an kolloidalen Partikeln im Wasser. Der Wert wird in Nephelometrischen Trübungswerten (NTU) angegeben. In anderen Worten: Es geht darum, wie trübe das Wasser ist. Wir wissen alle, dass wir kein unklares oder schmutziges Wasser wollen, deshalb liegt der angestrebte NTU-Wert bei weniger als 1.

Wenn die Wasserversorgung neutral ist, eine geringe Leitfähigkeit sowie ein hohes Redoxpotential hat und nicht trübe ist, dann ist unsere Gesundheit nicht gefährdet. Sollte das Sensornetz Abweichungen von diesen Standardwerten feststellen, dann bedeutet das, das Wasser ist verschmutzt und muss schleunigst untersucht werden.

SCADA zur Überwachung von Wasseraufbereitungsanlagen

SCADA ist ein Computersystem, dass Echtzeitdaten sammelt und analysiert, um Betriebe zu kontrollieren. Dazugehören Branchen wie die Wasserwirtschaft, Abfallkontrolle und Energieerzeugung.

Die International Society of Automation erklärt, dass SCADA typischerweise aus Workstations, speicherprogrammierbare Steuerungen (PLC), einem Local Area Network und Fernbedienungseinheiten besteht (RTU):

  • Workstations befinden sich im Leitstand einer Aufbereitungsanlage und erlauben den Betreibern einen Überblick über den gesamten Aufbereitungsprozess zu haben und einzugreifen.
  • PLCs in einer Anlage überwachen einzelne Prozesse wie chemische Aufbereitungen und Wasserfiltrationen.
  • Eine LAN-Technik wie das Ethernet verbindet PLCs mit Workstations.
  • RTUs befinden sich normalerweise auf gefährdeten Anlagen wie Pumpwerke, Tanklagerungen, Ventilräumen und Aufbereitungsanlagen in abgelegenen Bereichen. Sie kommunizieren mittels eines Wide Area Networks via Funkgeräte.

Mit solch einem integrierten, sensorbasierten Kommunikationssystem kann SCADA:

  • Sicherheitsmaßnahmen mit Prozessoperationen koordinieren, indem es Sicherheitslücken auf den Anlagen erkennt.
  • Reduziert menschliche Kontrollgänge und stellt eine konstante systemübergreifende Überwachung bereit.
  • Alarmsignale und Ereignisse verzeichnen und automatisch auf diese reagieren, indem die Anlage heruntergefahren wird oder weitere Eingriffe vorgenommen werden.
  • Typischerweise leicht zu erweitern, durch zusätzliche I/O-Stellen, RTU-Geräte und Netzwerkverbindungen.

AMR-Systeme für eine genauere Wasserzählerablesung

Das AMR-System sammelt automatisch Daten über Konsum, Diagnose und Status von Wasser- oder Energiezählern. Dies geschieht durch Erfassung von Daten und Übertragung dieser Daten an die zentrale Datenbank zur Erstellung der Rechnung, für Fehlerbehebungen und Analysen.

Die AMR-Systeme bieten vorteilhafte Alternativen zum manuellen Zählerablesen:

  • manuelles Bedienpersonal wird nicht mehr benötigt
  • größere Effizienz und Genauigkeit beim Ablesen der Zähler und Erstellen der Rechnung
  • Wartungskosten werden gesenkt
  • Standardisierung des Zählerstands

Eine genaue Zählerablesung kann Anlagenbetreiber über potentielle Wasserlecks informieren und Aussagen darüber treffen, wo Rohrleitungen ersetzt werden müssen.

Datenfusion für Big-Data-Analysen von Wasserversorgungswerken

Die Daten werden dann zu einem Big-Data-System zusammengeführt. Der Prozess der Zusammenführung nennt sich Datenfusion.

“Datenfusion ist ein Prozess, bei dem Daten aus verschiedenen Quellen zusammengebracht werden, um ein fortgeschrittenes Modell zu entwickeln. Dadurch kann ein Projekt besser verstanden werden. Oft meint Datenfusion eine Kombination von Daten eines spezifischen Bereichs und die Zusammenführung für eine zentrale Auswertung.”

Techopedias Definition von Datenfusion (aus dem Englischen übersetzt)

In diesem Projekt werden all die Daten aus der Wasserwirtschaft, den Sensornetzen, SCADA, den AMR-Systemen, den Wasseraufbereitungsanlagen und Zählerablesungen zu einem Big-Data-System zusammengeführt. Aus dieser Datenfusion können neue Erkenntnisse gewonnen werden:

  • Ist das Wasser gesundheitlich unbedenklich?
  • In welchen Gebieten ist das Wasser lebensgefährlich?
  • In welchen Orten kommt es zu Wasserlecks oder Störungen in der Wasserversorgung?
  • Welche Gegenden haben keinen Zugang zu sauberem Wasser?
  • Für wie viele Haushalte reichen die Wasserreserven aus?
  • Die Auswirkungen von Wasserversorgungsproblemen in bestimmten Gemeinden.

Bewässerung in der Landwirtschaft mittels IoT

Eine sinnvolle Handhabung von Wasserressourcen ist nicht auf die nachhaltige und sichere Konsumierung durch private Haushalte und Geschäfte begrenzt. Sondern auch die Bewässerung der Landwirtschaftsflächen muss nachhaltig geschehen, sodass die Ernte an die Endkonsumenten gelangt.

Mehr als 70% des Süßwassers wird für die Bewässerung der Landwirtschaft verwendet. Allerdings wird hierbei auch sehr viel Wasser verschwendet und es kommt zu einer zu starken Bewässerung.

Landwirte tendieren zu einer Überbewässerung, um eine zu geringe Bewässerung zu vermeiden, was offensichtlich das Gegenteil von einer Überbewässerung ist.

Eine präzise Bewässerung nutzt Wasser effizient und vermeidet dabei eine Überbewässerung oder geringe Bewässerung. Eine exakte Menge an Wasser wird auf die Landflächen gesprüht, um den Ernteertrag zu erhöhen, Kosten zu senken und Wasser zu sparen.

Um eine exakte Bewässerung zu erreichen, präsentierte die Abhandlung von Kamienski et al eine Konstruktion der SWAMP-Plattform. Die Plattform ist eine smarte IoT-basierte Wasserverwaltungsplattform für genaue Bewässerung.

Das SWAMP-Konstrukt hat fünf Ebenen (für weitere Informationen, besuchen Sie die Webseite):

  • 1. Ebene – Geräte und Kommunikation: Verschiedene Sensoren, Auslöser und LPWAN (Low Power Wide Area Network) Kommunikationstechnologien zur Sammlung und Verbindung von Boden-, Pflanzen- und Wetterdaten. Drohnen werden für Bilder genutzt.
  • 2. Ebene – Datenaufnahme, Sicherheit und Management: Protokolle, Anwendungskomponenten und eine Open-Source-Plattform zwecks Datenaufnahme, Sicherheit und Geräteverwaltung.
  • 3. Ebene – Datenverwaltung: Anwendungskomponenten für Datenbanken, -verarbeitung und -verteilung. Daten Mapper mit einer externen Datenquelle wie historische Landwirtschaftsdatenbanken und Wettervorhersagen. Eine dezentralisierte Infrastruktur, bestehend aus Cloud-Servern und Fog-Nodes, um Big Data zu verwalten und die Daten für die höheren Ebenen zugänglich zu machen.
  • 4. Ebene – Bewässerungs- und Verteilungsmodelle: Traditionelle Landwirtschaftsmodelle, um Prognosen über die Bewässerung der Felder zu machen. Dabei werden Drohnenbilder genutzt sowie Bodensensoren, um den Feuchtigkeitsgrad zu bestimmen. Maschinelles Lernen kann mit den traditionellen Modellen verwendet werden oder die Modelle ersetzen.
  • 5. Ebene – Wasserversorgungsdienste: Bewässerungsdienste, die für Landwirte und Wasserversorgungsdienste sinnvoll sind, durch Benutzerschnittstellen.

Durch die Verwendung eines Systems, dass aus IoT-basierten Technologien und Machine-Learning-Algorithmen besteht, wird eine genaue Bewässerung möglich.

Die Fülle an Daten nutzen

Eine Fülle an Wasserdaten ermöglicht Wasserwerken und Landwirten, diese Daten zu analysieren und sinnvolle Einblicke in die Prozesse zu generieren, um letztlich effizientere Entscheidungen zu treffen. IoT spielt bei der Sammlung dieser wichtigen Daten eine große Rolle.

Sensornetze werden genutzt, um die Wasserqualität im Auge zu behalten. Dazu wird der pH-Wert, die elektrische Leitfähigkeit, das Redoxpotential und die Trübheit gemessen. Es wird untersucht, ob der pH-Wert des Wassers neutral, die Leitfähigkeit gering, das Redoxpotential hoch und die Trübheit gleich null ist. Erst dann können die Wasserwerke versichern, ob das Wasser für die Konsumenten unbedenklich ist.

SCADA ist im gesamten Wasserversorgungssystem vorzufinden. Es dient zur Erkennung und Kommunikation. So informiert SCADA die Betreiber der Wasserwerke, ob die Wasseraufbereitungsanlage sicher und in einem sehr guten Zustand ist, ohne dass ein Wartungspersonal eingesetzt werden muss.

AMR-Systeme schaffen Abhilfe bei manuellen Zählerablesungen und der Erstellung von Rechnungen, indem sie automatisch Daten sammeln und an die Datenbanken weiterleiten.

Eine Kombination dieser Technologien würde den Landwirten die Möglichkeit schaffen, genau zu wissen, wie viel Wasser sie verwenden können. So können die Felder, Gelder und das Wasser optimal genutzt werden.

Big Data und IoT-Technologien für Wasserkontrollen in Echtzeit zu nutzen, öffnet Türen für rechtzeitige Reaktionen auf Wasserverschmutzungen und/oder -lecks sowie -verschwendungen.

Wenn diese genannten Technologien zusammen genutzt werden, dann können Wasserwerke und Landwirte die richtigen Antworten auf ihre Fragen finden, statt nur an der Oberfläche der Probleme zu kratzen.

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