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Neben schwerwiegenden physischen und psychischen Auswirkungen auf den Menschen, hat die derzeitige Pandemie einen großen Einschnitt in die Weltwirtschaft gewagt. Im letzten Jahr erlebten wir, wie die Lockdown-Verordnungen die Infektionsrate senkte und dabei alle Dienstleister, die nicht systemrelevant waren, schließen mussten. Der Lockdown zwang so manches Unternehmen in die Knie, sodass drastische Maßnahmen, wie Entlassungen und Gehaltskürzungen eingeleitet werden mussten, um Kosten zu sparen. Das Ergebnis dieser Vorgehensweise war ein gedämpftes Konsumverhalten der Bürger. Vor Kurzem wurden auch Weihnachtsmärkte und -partys an die Situation angepasst und fanden dann schließlich im digitalen Raum statt. In diesem Artikel möchten wir uns aber auf einen ganz bestimmten Effekt konzentrieren: Die erzwungene Digitalisierung der Schulen und Arbeitsplätze, die die Zukunft des Verkehrssektors langfristig beeinflussen wird. Lesen Sie hier, welche Perspektiven auf das ÖPNV warten.
Die steigende Beliebtheit des Home-Office dank der COVID-Pandemie
Während des Lockdowns wurden Unternehmen dazu angehalten, die Arbeit im Home Office fortzuführen und dabei diverse Anwendungen zu nutzen, mit denen Videokonferenzen, der Austausch über Chatfunktionen, das Teilen von Dokumenten etc. möglich sind. Die Veränderungen können ein Zeichen dafür sein, dass die Pandemie die digitale Transformation des Arbeitsplatzes beschleunigt hat. Der Umbruch betrifft natürlich nur die Menschen, die ihren Tätigkeiten im Home-Office nachgehen können und nicht beispielsweise körperliche Arbeit verrichten müssen.
Unternehmen, die bereits vor der Pandemie Teilnehmer der digitalen Revolution waren, schienen keine allzu großen Probleme gehabt zu haben, ihren Angestellten neue Home-Office-Optionen zu ermöglichen. Allerdings sehen sich nun Firmen, die nur sehr langsam an diesem Wandel teilnahmen, mit großen Herausforderungen wie Netzwerküberlastungen, Sicherheitslücken und Datenschutzproblemen konfrontiert.
Trotz allem sagt McKinsey, dass Firmen, die eine digitale Umstrukturierung wagen, von ihren Vorteilen profitieren werden . Der Aufstieg von flexiblen Arbeitsverhältnissen gehört nun der Normalität an, sodass sie Unternehmen zum Überdenken ihrer Belegungspläne anregen könnten. Allerdings ist die viel offensichtlichere Folge der Home-Office-Strategien der sich veränderte ÖPNV.
Die Angst vor einer Infektion im ÖPNV
Graham Currie, Professor für Transport und Ingenieurswissenschaften an der Monash-Universität, führte eine Umfrage zum veränderten Reiseverhalten von mehr als 2000 Menschen in Melbourne durch. Laut seiner Studie halten die meisten Menschen die Veränderungen aufgrund der Pandemie für gut, würden aber nach der Corona-Zeit zum Reisen zurückkehren.
Des Weiteren wurde in der Studie festgestellt, dass nur eine Handvoll Menschen ihrer Arbeit weiterhin im Home-Office nachgehen würden. Die Umfrage verzeichnete zudem eine steigende Nachfrage zum privaten Autobesitz. Für manch einen werden Autos noch attraktiver sein, da sie Abstand halten erlauben und den Menschen die Angst vor einer Ansteckung nehmen.
“Die Angst vor dem Infektionsgeschehen ist eine große Herausforderung für den ÖPNV. Menschen zögern dabei, öffentliche Verkehrsmittel zu nehmen oder zum Melbourne Cricket Ground (Stadion) zu gehen; geschweige den irgendeinen öffentlichen Platz zu betreten, an dem sich größere Menschengruppen versammeln.”
Graham Currie über die Angst vor einer Ansteckung mit COVID-19 im ÖPNV.
In einer Abhandlung von Arnaud Koehl vom Imperial College in London wurden diese Bedenken nachweislich festgehalten. Der Bericht gibt zu verstehen, dass sich die Wahl eines Transportmittels auf Kosten des ÖPNV verändern kann, da die Menschen sich vor einer Infektion fürchten.
“Viele Menschen werden unter Umständen eher auf private Verkehrsmittel zurückgreifen, um sich vor einer Ansteckung zu schützen.”
Arnaud Koehl über die Angst vor einer Infektion mit COVID-19 im ÖPNV.
Ich habe gelesen, dass Menschen in Ländern wie Deutschland und Schweden ähnliche Bedürfnisse haben, wie beispielsweise ein privates Fahrzeug zu besitzen, statt den ÖPNV zu nutzen. Wenn wir nach China schauen, sehen wir, dass der Verkaufsumsatz von Leichtfahrzeugen sich im April wieder erholte, nachdem er im Januar abstürzte. Vielleicht verdankt China die wirtschaftliche Regeneration dem veränderten Konsumverhalten hinsichtlich der Transportmittelwahl.
Hinzukommt, dass gesamtwirtschaftliche Gelder wie staatliche Förderungen und Investitionen in die Infrastruktur zugunsten des E-Auto-Marktes fließen. Auch wenn viele Menschen sich ihr eigenes bequemes Gefährt kaufen wollen würden: nicht jeder kann sich das auch leisten.
Der Wert des ÖPNV in der Zukunft
Während Menschen mit Zugang zu einem privaten Fahrzeug, entspannt von A nach B reisen können, könnten Einschränkungen im ÖPNV, nur weil die Nachfrage nicht rege ausfällt, zu katastrophalen sozio-ökonomischen Auswirkungen im Leben derer führen, die keine andere Alternative haben, als öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen.
Die übrig bleibenden Optionen für Menschen mit geringem Einkommen: zu Fuß gehen oder das Rad nutzen; beides sehr umständliche Alternativen. Stellen Sie sich vor, Sie müssten tagtäglich zu Fuß zur Arbeit hin- und wieder nach Hause zurückgehen und dabei sitzt Ihnen ständig die Ausgangssperre im Nacken. Die Verbindung zwischen fehlendem Zugang zu einem Auto und beschränkten Jobperspektiven wurde bereits nachgewiesen.
Ein Forschungsbericht der Weltbank veröffentlichte, dass in Nairobi, eine Stadt, die für den Autoverkehr gebaut wurde, die Chance auf das Ergattern einer der begehrten Jobstellen, die in einem Radius von einer Stunde Reisezeit zu vergeben waren, für Autobesitzer im Durchschnitt fünfmal höher war, als für Menschen, die zu Fuß gehen mussten oder auf Minibusse angewiesen waren.
Vielleicht wäre eine Home-Office-Tätigkeit für ein paar dieser Menschen vorteilhafter? Das große ABER: Die meisten Stellen verlangen die Präsenz der Arbeiter am Einsatzort. Also nein, sie können nicht von zu Hause aus arbeiten!
Aus diesem Grund wird der ÖPNV auch in Zukunft eine wichtige Rolle in der Gesellschaft zu spielen haben bzw. für immer… außer jemandem gelingt die Entwicklung einer Teleportationsmaschine wie die Transporter in Star Trek.
Vorbereitung auf die Langzeitauswirkungen
Die gute Nachricht: Der ÖPNV kann aufgrund dieser schwierigen Zeiten lernen, sich an die neuen Anforderungen anzupassen. Das Magazin METRO führt fünf Arten der Anpassung auf, die den öffentlichen Verkehr in Zukunft bestimmen könnten:
- weg von klassischen Fahrkartenautomaten und hinzu einem bargeldlosen Ticketsystem. Dabei kommen Smartcards zum Einsatz oder das Fahrticket entfällt gar gänzlich.
- die Einführung von Fahrspuren ausschließlich für Busse, das Aufstellen von Busampeln und ein Einlassen von Fahrgästen bei der sich alle Türen des Busses öffnen, bilden Maßnahmen, die eine Ansammlung von Menschenmengen verhindern sowie den Verkehr entlasten könnten.
- geringere Belegungen von S-Bahnen und Bussen, da mehr Arbeit von zu Hause aus erledigt wird.
- sauberere Fahrzeuge, durch die Notwendigkeit von regelmäßigen Reinigungen sowie einer geringeren Anzahl an Fahrgästen pro Fahrzeug, damit die Abstandsregeln eingehalten werden können.
- erhöhte bundesstaatliche Fördergelder für den ÖPNV
Da weniger Menschen den ÖPNV nutzen müssen, um den Abstand zu ihren Mitmenschen zu wahren, würde eine verlängerte Betriebszeit der Fahrzeuge sowie eine erhöhte Aufnahmekapazität von Fahrgästen, die Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln entspannter gestalten.
Überfüllte Fahrzeuge und Stationen können reduziert werden, wenn das Pendeln über den ganzen Tag verteilt werden kann. Des Weiteren kann das Ermitteln der Zugbelegung dabei helfen, Pendler mit Echtzeit-Informationen zu versorgen, damit sie ihre Reise besser planen können. Informationen über den Belegungsgrad, die Ankunfts- und Abfahrtszeiten und Fahrtstrecken erlauben den Fahrgästen, fundierte Entscheidungen zu treffen.
Solche Maßnahmen und Optionen kommen nicht nur denen zugute, die den ÖPNV aus nachhaltigen Gründen nutzen. Auch werden Menschen davon profitieren, die schlichtweg auf den ÖPNV angewiesen sind. Das ist einer der Gründe, der uns hier bei Iunera anspornt, die Welt zu einem besseren Ort zu machen.
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